ü comic.de: Bruessel 2009
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Denkmal für einen Künstler
Eckart Sackmann aus dem Musée Hergé

Man fährt etwa 30 Kilometer aus Brüssel heraus in Richtung Namur, biegt bei der Ausfahrt Louvain-la-Neuve ab und sucht nach Wegweisern. Die führen einen plötzlich unter einem Gebäude hindurch, das der bekannten Ansicht ähnelt. Ist das das Museum? Das Hergé-Museum? Richtig. Man folgt dem Schildern und landet in einer riesigen Tiefgarage. Von da an muss man sich durchfragen.

Louvain-la-Neuve entstand 1971 auf dem Reißbrett, eine Retortenstadt als Heimat der Katholischen Universität Löwen, die sich im Sprachenstreit von der Ur-Universität Löwen (30 km entfernt) abgespalten hatte. Eine unfertige Stadt, die eine merkwürdige Anmutung ausstrahlt. Auch direkt vor dem Hergé-Museum "fehlen" noch einige schon geplante Häuser. Noch läuft man über einen provisorischen Holzsteg.

Wenn es nach dem Leitern des Brüsseler Comicmuseums CBBD gegangen wäre, dann hätte Hergé, der Schöpfer von "Tim und Struppi", in der Nähe der eigenen Institution seinen Ehrenplatz gefunden. Die Erben des Zeichners allerdings wollten nicht in irgendein Haus, sie wollten "ihr" Haus.

Dass das eingebettet in eine katholische Umgebung liegt, mag dem Zeichner gerecht werden. Ob hier mit Scharen von Besuchern gerechnet werden kann, bleibt abzuwarten. Busse mit Schülern werden sicher den Weg nach Louvain-la-Neuve finden - allerdings ist dieses Museum kein Museum für Kinder.

Das Musée Hergé ist ein Kunstmuseum - und ein architektonisches Schmuckstück. Der Architekt Christian de Portzamparc hat gute Arbeit geleistet. Er fasziniert den Besucher durch ungewohnte Ausblicke und hat die eigentliche Ausstellung doch in relativ konventionellen, über mehrere Etagen verteilten Räumen untergebracht. Die erreicht man zunächst mit dem Fahrstuhl und geht dann über Treppen und gewundene Stege wieder nach unten.

Was gibt es zu sehen? Unglaublich viel. Fast zu viele Originale des Zeichners, von der Frühzeit bis zum Ende. Überfluss also, und doch fehlt etwas, nämlich der kritische Abstand. Dieses Museum ist ein Denkmal, kein Ort der Auseinandersetzung. Man vermisst auch die Bezüge zu Vorläufern und Nachahmern, zur Schule Hergé.

Im Shop fehlt die Hergé-kritische Literatur. Zu kaufen gibt es dennoch genug. Zwei Kataloge, dicke Bücher zu Leben und Werk, "Tintin" in allen Sprachen und das notorische Merchandising, Raketen, Hunde, Autos, Figürchen. Ob sich für Brüssel-Besucher der Abstecher nach Louvain-la-Neuve lohnt? Aber ja, auf alle Fälle!

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