Patrimonium Deutsche Comicforschung

Comic - Kunst
Hundert Jahre deutscher Comicgeschichte, gesehen von Eckart Sackmann

Abseits der Großstädte und Comic-Hochburgen eröffnete im Juni in Koblenz eine Ausstellung, die in Deutschland bisher einmalig ist. Das Mittelrhein-Museum hat Originale aus einhundert Jahren deutscher Comic-Kunst zusammengetragen und präsentiert diese in Reibung zu Bildzyklen der traditionellen Kunstgeschichte.

Mit Comics verbindet man "Micky Maus" oder "Asterix", doch auch im deutschsprachigen Raum sind qualitätvolle Werke der sogenannten "Neunten Kunst" entstanden. Der Bogen der in Koblenz gezeigten Zeichnungen und Grafiken spannt sich weiter, als der Comicleser das gewohnt ist. Dietrich Grünewald, der Initiator der Schau, hat die Gelegenheit genutzt, die Entwicklung des Comic mit Bildgeschichten zu konfrontieren, die allgemein der "Hochkunst" oder der Illustration zugerechnet werden: dem Weberzyklus von Käthe Kollwitz zum Beispiel oder dem Bildroman "Fliegenpapier" von Hans Hillmann (unten).

Die Koblenzer Ausstellung vereint alle Höhepunkte deutschen Comicschaffens. Originalzeichnungen von e. o. plauens "Vater und Sohn" sind hier ebenso zu genießen wie Zeichnungen von Hansrudi Wäscher (oben), Manfred Schmidt, Chlodwig Poth, Ralf König oder Ulf K. Über 130 Künstler sind in "Comic - Kunst" vertreten. Der Titel der Ausstellung ist Programm: Zum einen betont er, daß hier nur der grafische, der Kunst-Aspekt des Comic gezeigt werden kann. Zum anderen bietet die Ausstellung Schnittstellen zu Künstlern an, die bisher niemand mit dem Comic in Verbindung gebracht hätte.

Dietrich Grünewald (oben bei einer Tagung von Comicexperten Anfang Juli; rechts die Kustodin des Koblenzer Mittelrhein-Museums, Anneli Karrenbrock) spricht statt vom "Comic" lieber von "Prinzip Bildgeschichte", einer autonomen, narrativen Bildfolge. Damit nähert er sich der Auffassung an, die künstlerische Ausdrucksform Comic habe eine über Jahrtausende währende Tradition.

Eine Ausstellung wie diese hat es noch nicht gegeben - und es wird sie auch so schnell nicht wieder geben, da keine Folgestationen geplant sind. Wer sich also dafür interessiert, wie die Größen der deutschen Comic-Kunst gearbeitet haben, sollte den Weg nach Koblenz (an das Deutsche Eck) nicht scheuen.

Eine der Raritäten ist beispielsweise die unten abgebildete Seite der "Katzenjammer Kids" von Rudolph Dirks aus dem Jahr 1912. Sie erschien in einer deutschsprachigen amerikanischen Zeitung, dem Morgen-Journal und benennt das freche Lausbubenpaar neben dem Käpt'n mit "Max" und "Moritz".

Cefischers Familienkater Oskar (oben) ist in Koblenz ebenso anzutreffen wie die gezeichneten Helden von Adolf Oberländer, e. o. plauen, Otto Waffenschmied, Becker-Kasch, Reinhold Escher, Roland Kohlsaat, Helmut Nickel, Lona Rietschel, Hans-Jürgen Press, Marie Marcks, Fritz Wolf, Herbert Sandberg, Gerhard Seyfried, Dieter Kalenbach, Chris Scheuer, Hannes Binder, Michael Götze, Hendrik Dorgathen, Franziska Becker, Peter Puck, Dieter Jüdt und Sascha Nils Marx (um nur einige zu nennen) - und alles im Original!

Achtung, Termine!

23. Juli 2004, 19 Uhr, Mittelrheinmuseum:
Podiumsdiskussion mit Ralf König und Klaus Gehrmann

1. August 2004, 16 Uhr, Mittelrheinmuseum:
Finissage mit Vorstellung des Katalogs.


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