16. Internationaler Comic-Salon Erlangen

Ralf König Max und Moritz-Preis für das Lebenswerk 2014

Selbstzitat: Ralf König nahm seinen Max und Moritz-Preis für das Lebenswerk im selben Kleid entgegen, wie 1992 bei der Verleihung seines ersten Max und Moritz-Preises.

Erlangen 2014 Plakat Tardi

Eines der acht Festivalplakate, die man allesamt am Informationsstand des Salons als Souvenir erwerben kann, verweist auf den diesjährigen Schwerpunkt Erster Weltkrieg und Jacques Tardi.

Deutsche Comicforschung 2014

Mit Beiträgen zur "Propaganda im 1. Weltkrieg", zu Arpad Schmidhammer und zu "Bunten Kriegsbilderbogen" trägt auch das Jahrbuch "Deutsche Comicforschung 2014" zur Erinnerung an die Zeit vor hundert Jahren bei. Im Laufe des zehnjährigen Erscheinens der Buchreihe entstand beim Leser mehr und mehr die Einschätzung, dass man mehrere Dutzend Jahrzehnte zurück- und überblicken muss, um von der Entwicklung des Comic einen ausreichend fundierten Eindruck zu erhalten.

Wittek Retro

Wittek signiert im Zelt von Moga Mobo sein sehenswertes "Retro"-Heft. Bereits seit einigen Jahren arbeitet er zusammen mit Sven Taucke an einem Comic, der im 30-jährigen Krieg spielt, was ihnen viel Recherchearbeit abverlangt, damit zum Beispiel die Sprache sowohl zur damaligen Zeit passt, als auch von der heutigen Leserschaft als solche angenommen wird.

AndreasEikenroth

"Kainsmal", "Panel", "Panik Elektro" und jetzt die Edition 52 sind einige der Stationen des Schaffens von Andreas Eikenroth, der mit "Die Schönheit des Scheiterns" eine Suche nach dem Glück beschreibt, dem der Suff gelegentlich im Wege steht. Für diesen Comic erhielt er in diesem Jahr den ICOM Independent Comic Preis für das beste Szenario. Jetzt arbeitet Eikenroth an "Hummel mit Wodka", einer Erzählung, die in Hamburg spielen und ebenfalls in der Edition 52 erscheinen wird.

Rautie Stuss

In nur drei Wochen von der ersten Idee bis zur Herstellung des Comics "Stuss", das geht nur bei flexiblen Betrieben wie der Edition Panel, bei denen Zeichner und Verleger sich begeistert und schnell zuarbeiten. Zwei Wochen zeichnete Rautie (Foto) und eine Woche später war Bert Dahlmann mit der Herstellung fertig, rechtzeitig zum Comic-Salon Erlangen.

Sussi Bech Nofret

Schon zwölf Bände hat Sussi Bech von "Nofret" gezeichnet, ein Comic, der uns ins alte Ägypten führt. Sie signiert am Stand der dänischen Comiczeichnervereinigung.

Philipp Schreiber und Schwester

Philipp und Johanna Schreiber halten Verlag und Messestand von Schreiber & Leser in Schwung. Nächstes Jahr könnte man bereits den 35. Geburtstag des altehrwürdigen Comic-Verlages feiern, der immer wieder mit besonderen Comics angenehm überrascht.

Ambulanz 13: Stellungskriege

In einem der besten Comicserien, die vom Grauen des Ersten Weltkriegs erzählen, geben die Autoren Patrick Cothias und Patrice Ordas zusammen mit dem Zeichner Alain Mounier die Erlebnisse des Leutnants und Chirurgen Charles-Louis Bouteloup wieder. Im zuletzt erschienenen Band 3 "Das große Schlachten" erfährt er von den Hochverrats-Vorwürfen, die gegen eine ihm nahe stehende Nonne erhoben werden.

Patrimonium Deutsche Comicforschung

Zum sechzehnten Mal
Andreas Dierks berichtet vom Comic-Salon Erlangen 2014

Joe Sacco Panorama The Great War Schlossplatz

Erlangen begrüßt die Besucher des 16. Internationalen Comic-Salons mit einer Vielzahl von Ausstellungen und von abwechslungsreichen Veranstaltungen. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf dem Comic, der an die Schrecken des Ersten Weltkriegs erinnert. Das lässt sich insbesondere an der Comic-Installation "The Great War" auf dem Schlossplatz ablesen und an der Ausstellung "Landschaft des Todes" und der Anwesenheit von Jacques Tardi ("Grabenkrieg", "Elender Krieg") auf dem diesjährigen, facettenreichen Salon.

Joe Sacco Panorama The Great War Schlossplatz

Schon im Original ist das Leporello von Joe Sacco mehrere Meter lang, hier in Erlangen spannt sich die gut 70 m lange Installation im Zick Zack über die gesamte Breite des Schlosses. Auf mehreren Podesten längs der Installation stehen Erläuterungen zum gezeigten Tag, dem 1. Juli 1916 auf dem Schlachtfeld an der Somme. Sacco zeigt erschreckend sachlich ein Panorama, das den Bogen vom kommandierenden General bis zu den Gräbern der Soldaten spannt.

Jacques Tardi Jean-Pierre Verney Interview

Jacques Tardi (Mitte) und Jean-Pierre Verney (4. v. l.) schilderten im Interview, welches Hans-Diether Dörfler (links) mit ihnen führte, was sie bewegte, das Thema Erster Weltkrieg und den Grabenkrieg so detailgenau wie möglich nachzuzeichnen. Tardi und Verney fragen sich, wie die Soldaten es geschafft haben, mit dem Ziel "nur eine Stunde weiterleben" durchzuhalten. Sogar die Blätter für den Klogang waren irgendwann vergiftet, so dass man sich einen "gratte-cul" herstellen musste. Die Großväter des Historikers Jean-Pierre Verney standen sich auf deutscher und auf französischer Seite sogar gegenüber, einer der Gründe, die Verney zusammen mit Jacques Tardi veranlassten, mit Hilfe von 25.000 historischen Dokumenten eine authentische Wiedergabe des Grabenkampfes anzustreben. Tardi betonte, man müsse bei der aufwändigen Recherche stets misstrauisch sein, keinem Propagandamaterial aufzusitzen. Der Große Ratssaal war überfüllt, viele Zuhörer standen längs den Wänden, was das große Interesse an den Künstlern und an dem Thema zeigt.

Joe Sacco

Joe Sacco ("Palästina", "Reportagen", "Die Schlacht an der Somme") stand Christian Gasser Rede und Antwort, als es darum ging, den Gründen für Saccos journalistischen und historischen Tätigkeiten nachzugehen. Der 1960 in Malta geborene Sacco studierte Journalismus in den USA. Bekanntheit als zeichnender Journalist erreichte er mit seinen von der New York Times besprochenen Comic "Safe Area Gorazde" ("Bosnien"). Das verschaffte ihm endlich die nötige finanzielle Unabhängigkeit und ließ auch die bereits 1993 bei Fantagraphics veröffentlichten Reportagen aus Palästina weite Verbreitung finden. "Glück spielt für den Erfolg eine Rolle", fasste Sacco diesen Wendepunkt seiner Tätigkeit zusammen. Jetzt könne er machen, was er wolle. Als "CNN-Junkie" sei er durch die Berichte vom Irak-Krieg 2003 für die Vorgänge in dieser Region sensiblisiert worden. Er arbeite zurzeit an einem historischen Comic über Mesopotamien, denn die journalistische Arbeit aus den aktuellen Krisengebieten seien nicht nur für den Leser, sondern auch für ihn als Zeichner sehr belastend gewesen. Man brauche Jahre, um sich davon zu erholen, so dass er sich jetzt einem historischen Thema zugewandt habe. Joe Sacco ließ sich von seiner Mutter über die Bombardierung Maltas durch die Deutschen und Italiener berichten, was ihn ebenfalls tief berührt habe.

Ed Piskor

Mit "WIZZYWIG" und "Hip Hop Family Tree" hat Ed Piskor (rechts) zwei besondere Comics vorgelegt, die nun in Deutsch erschienen sind. Harald Havas (links) ging den Entstehungsweisen dieser beiden Comics im Podiumsgespräch mit dem sympathischen Künstler nach.

30 Jahre Reddition

In einem kleinen Laden in der Schuhstraße taucht der Ausstellungsgänger in die Geschichte des Comicmagazins "Reddition" ein. Die ausgestellte Korrespondenz mit den Verlagen und die Exponate aus der Frühzeit der Zeitschriftenherstellung belegen, dass es damals noch ohne eMail und Satzprogramm möglich war, ein prägendes Element der Comicszene auf die Beine zu stellen. In einem Video erzählt Volker Hamann dazu über die personell wechselvolle Vergangenheit eines dreißigjährigen fachkundigen Begleiters durch die Welt der Comics.

comicplus+ Joseph Béhé

Joseph Béhé ("Tödliche Macht", "Zehn Gebote") signiert am Stand von comicplus+. Er wird von Eckart Sackmann (links) und Peter Hörndl (rechts) in die Mitte genommen, die dieses Jahr auch die 10 Jahre "Deutsche Comicforschung" mit Tusch und Torte feiern, in denen dieses umfangreiche Grundlagenwerk beständig erscheint.

Émile Bravo

Am Carlsen-Stand signiert Émile Bravo. In "Pauls fantastische Abenteuer" bricht die Hauptfigur im Auftrag einer internationalen Raumfahrtbehörde zu ihren Missionen auf, in die man sich dieses Jahr auch am Gratis-Comic-Tag hineinlesen konnte. In dem gerade erschienenen Band "Der vergessene Garten" wendet sich Bravo hingegen an eine erwachsene Leserschaft.

Comicboerse

Immer am Samstag kann sich der Sammler und die Laufkundschaft über eine Unzahl von Kisten und Kästen mit antiquarischen Comics hermachen. Bei gutem Wetter macht es selbstverständlich noch mehr Spaß, in den auf dem Vorplatz vor dem Rathaus gestellten Schatzkisten zu stöbern.

Stickeralbum 2014 Erlangen Klebebilder

Das muss sein. Wie in den vergangenen Jahren konnte man wieder ein Salon-Sticker-Album mit Klebebildern füllen. Der stolze Autor dieser Zeilen hat es komplett, auch wenn das diesmal nur mit langen Fußwegen oder geschickten Tauschverhandlungen zu schaffen war, da einige der immerhin 228 Sticker erst noch nachgedruckt werden mussten wie diejenigen auf dieser Doppelseite oben rechts.

Eingang Comicmesse Rathaus Erlangen

Auf den Eingang zur Comicmesse und zur Tardi-Ausstellung in der Heinrich-Lades-Halle weist eine große Tafel mit einem Motiv aus einem der Tardi-Comics über die leidvollen Erfahrungen der Soldaten im Ersten Weltkrieg hin.

Ausstellung Jacques Tardi

Durch die Ausstellung "Landschaft des Todes" laufen die Besucher in großen Holzkästen, die wohl etwas Schützengrabenatmosphäre vermitteln sollen. Hier hängen die Seiten aus Jacques Tardis "Grabenkrieg". Der Ausstellungstext erklärt, dass man überlege, Tardis Comic in den französischen Lehrplan aufzunehmen.

Die Gewinner des Max und Moritz-Preises 2014

Für sein Lebenwerk erhielt Ralf König einen besonderen Max und Moritz-Preis 2014. Sein Auftritt im goldglitzernden Kleid brachte ihm Beifallsstürme des Publikums ein. Hella von Sinnen und Christian Gasser, die die Preisverleihung locker, gekonnt und kurzweilig moderierten, freuten sich sichtlich riesig über Ralf Königs Erfolg. Weitere PreisträgerInnen waren Ulli Lust als Beste deutschsprachige Comic-Künstlerin, Mawil für "Kinderland" als Bester deutschspachiger Comic, Marvin Clifford für "Schisslaweng" als Publikumspreis, Naoki Urasawa/Takashi Nagasaki für "Billy Bat" als Bester Internationaler Comic, 18 Metzger für "Totes Meer" als Bester deutschsprachiger Comic-Strip und Luke Pearson für "Hilda und der Mitternachtsriese" als Bester Comic für Kinder. Als Beste studentische Comic-Publikation wurde "Triebwerk" ausgezeichnet, eine Arbeit, die von einer Studierendengruppe Hendrik Dorgathens stammt.

Franz von Pocci Staatshämorrhoidarius

Mit der irrigen Vorstellung, Wilhelm Busch sei "Stammvater" des deutschsprachigen Comics, räumte Eckart Sackmann durch eine Vielzahl von Belegen auf, die er in einem Vortrag unter der Überschrift "Deutsche Comics vor 'Max und Moritz'" zeigte. So lässt sich nicht nur am "Staatshämorrhoidarius" (siehe oben), einer seit 1845 veröffentlichten Erzählung mit gut 120 Holzschnitten von Franz von Pocci, Wesentliches ablesen: seit etwa 1835 erschien deutschsprachiger Comic dank des technischen Fortschritts in größeren Auflagen kontinuierlich und richtete sich zunächst an Erwachsene. Texte begleiteten die Bilderzählung, in der Regel unterhalb der Bilder in Prosa oder in Reimen. Das Pikante an Sackmanns Vortrag war, dass selbst im Programmheft des Comic-Salons und von vermeintlich fachkundiger Seite verkündet wird, die deutsche Comic-Geschichte habe vor 150 Jahren begonnen. Dabei braucht man nur einige der zehn Bände "Deutsche Comicforschung" aufzuschlagen und versteht das bereits besser. Der deutschsprachige Comic hat so wenig Väter oder Mütter wie der deutsche Gesang.

Deutschsprachige Comics im Stadtmuseum Erlangen

Die Ausstellung über den "Deutschsprachigen Comic von Wilhelm Busch bis heute" wurde zu Jahresbeginn im Wilhelm-Busch-Museum in Hannover gezeigt. Jetzt sieht man sie in erweiterter Form im Erlanger Stadtmuseum, was ihr durch die dortigen Räumlichkeiten eine deutlich bessere Gestalt verleiht. Es ist von Vorteil, wenn jeder thematische Bereich der Ausstellung auch seinen eigenen Raum, seinen eigenen Winkel erhält. Wer sich zum Beispiel durch diese Folge an Türen begibt, stößt an deren Ende auf den Clou: die ursprüngliche Form einer der Comic-Arbeiten von Wilhelm Busch. Die räumlich interessante Aufteilung der Exponate gleicht allerdings den Eindruck nicht aus, dass es die Ausstellung zum deutschsprachigen Comic an Gründlichkeit und breiter angelegten, tiefer gehenden textlichen Erläuterungen vermissen lässt.

ComFor Dietrich Grünewald Frans Masereel

Die Bildfolgen gegen den Krieg von Frans Masereel stellte Dietrich Grünewald im Rahmen der Vortragsreihe der Gesellschaft für Comicforschung (ComFor) vor. Er spannte den Bogen von den Bildfolgen, die die Sieger zeigen (zum Beispiel auf der Trajanssäule), zu den Bildfolgen, die das Leiden der Opfer zum Gegenstand nehmen. Frühe Beispiele sind dafür die bilderzählerischen Arbeiten von Jacques Callot ("Les grandes misères de la guerre", um 1633) und Francisco de Goya ("Los desastres de la guerra", 1810 - 1814).

Moga Mobo auf dem Vorplatz

20 Jahre Moga Mobo: die beständige Heftchenschmiede feiert ihr Jubiläum im Zelt auf dem Vorplatz des Rathauses. Für die Comicleser halten sie drei neue Hefte gratis bereit.

ICOM-Preis Präsentation

Einen Rückblick auf die zwanzig Jahre, in denen bereits der ICOM Independent Comic Preis verliehen wird, leitete Frauke Pfeiffer im Gespräch mit Burkhard Ihme (links), Sarah Burrini (2. v. l.), Klaus Schikowski (2. v. r.) und Stefan Dinter (rechts). Die diesjährigen Preisträger sind "Lescheks Flug" von Sebastian Stamm als Bester Independent Comic, "Tesserakt" von Tim Gaedke als Bester Kurzcomic, "Die Schönheit des Scheiterns" von Andreas Eikenroth für das Beste Szenario, "Pimo & Rex" von Thomas Wellmann für ein Herausragendes Artwork. Den Sonderpreis der Jury als bemerkenswerte Comicpublikation erhielt "Pure Fruit 6" und den Sonderpreis für eine besondere Leistung oder Publikation konnte Sarah Burrini "Das Leben ist kein Ponyhof") in Empfang nehmen. Der Kurt-Schalker-Preis für graphisches Blogen ging an "Pete's Daily" von Dominik Wendland. Wie in jedem Jahr gibt es beim ICOM ein seitenstarkes "COMIC! Jahrbuch", welches die aktuelle Comic-Landschaft abbildet.

Piero Masztalerz Heute ist dein Glückstag

Der aus mehreren Cartoonsammelbänden bekannte Piero Masztalerz macht uns mit "Heute ist dein Glückstag!" neuen Mut. So bietet er dem Nachwuchs zum Einschlafen polynomiale Formeln vierten Grades oder Einschlafhilfen aus echtem Tropenholz für 29,95 an.

FSI Japanologie

Zwei fachkundige Studierende werben am Stand der Fachschaftsinitiative (FSI) Japanologie der Universität Erlangen für ihren Studiengang und das Erlernen der japanischen Schriftsprache.

Copyright (c) 2014 Verlag Sackmann und Hörndl