Direkt aus dem OP kam diese Krankenschwester zur Signierstunde von flix an den Stand von Carlsen Comics.
Mit der Comic-Zeitschrift "Samandal" wendet sich Barrack Rima im Libanon an seine Leser.
Ralf König ehrt die Preisträger des Comic-Stipendiums.
Olivia Vieweg kommt regelmäßig zum Comic-Salon. 2010 wurde die Anthologie "Paper Theatre" (Schwarzer Turm), an der sie mitarbeitete, mit einem ICOM-Sonderpreis bedacht.
Mikel Das zeigt am Stand der Alligatorfarm die ehrende Urkunde für "Perry - Unser Mann im All".
Als "Anke, die Schlanke" kündigte Hella von Sinnen die Sängerin des Abends an, die davon sang, der Sohn eines Priesters zu sein.
Man kann sich so oder so anziehen: die Kleidungsvorlieben von Hella von Sinnen und Isabel Kreitz wurden deutlich.
Max und Moritz-Brote: von den augenfälligen und leckeren Broten, die die Preisträger erhalten, lassen die Künstler das Publikum gelegentlich abbeißen.
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Freitag, den 8. Juni
Lorenzo Mattotti
Zunächst wollte Andreas C. Knigge, der das Künstlergespräch mit dem diesjährigen Max und Moritz-Preisträger führte, überraschenderweise wissen, was Lorenzo Mattotti in den letzten sechs Jahren gemacht habe. Dass diese Frage ihre Berechtigung hatte, zeigte sich an der erst zögerlich und dann zunehmend detailreicher vorgetragenen Antwort. Offenbar wurde dem Künstler in diesem Moment selbst erst klar, wie vielfältig seine Arbeit der zurückliegenden Jahre war. Er müsse über seine Sujets eigentlich nicht nachdenken, denn er erhalte aus seinem Umfeld so viele Vorschläge, dass er nur etwa zwanzig Prozent dieser Ideen auch umsetzen könne. Schon seit längerem arbeite er an einem Comic über einen Fensterputzer, fertig sei hingegen ein Buch über Venedig, bei dem er sich alle Freiheiten nehmen durfte. Abseits der Machart üblicher illustrierter Venedigbücher zeige er darin mit einem Lauf durch die Stadt seine Liebe zu ihr. Er sei ständig dabei zu zeichnen. Knigge zeigte sich von den Zeichnungen zu "Hänsel und Gretel" beeindruckt und fragte, warum Mattotti diese im Format 1,5 x 1,5 m² gemalt habe. Mattotti fühlt sich von diesem Format herausgefordert, er frage sich, ob er das kontrollieren könne. Und außerdem seien die Bilder in "Hänsel und Gretel" ja für eine Ausstellung gedacht gewesen. Als einen der Künstler, auf dessen Werk er besonders hinwies, nannte er Alberto Breccia ("Mort Cinder", "Perramus"). Dieser habe etwas unerreicht Starkes geschaffen. Wörter seien im Comic wie Musik. Die üblichen Graphic Novels seien ihm viel zu textlastig, man könnte die Bilder streckenweise einfach weglassen. Er betont, dass die Bilder im Comic stark sein müssten ("giving emotions"), womöglich sogar ohne Wörter auskommen. Mattotti müht sich um Spannung zwischen den Bildern. Knigge kam auch in diesem Zusammenhang auf "Feuer" zu sprechen, einem Schlüsselwerk für den Comic, da Mattotti damals Farbe in neuer Weise einsetzte, nicht zur Kolorierung von Comiczeichnungen, sondern als tragendes Element des Comics.
(Foto: Lorenzo Mattotti)
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Black.Light
Die Erzählungen von Augenzeugen der Gräueltaten westafrikanischer Soldaten rauben einem den Atem und den Schlaf. Father John Garrick träumte danach einige Zeit, dass ihn auf einer Straße Soldaten verfolgen. Die Alpträume wurde er erst los, als er davon zu erzählen begann. So versteht er auch das Projekt "Black.Light" als Möglichkeit für die Menschen in Sierra Leone, von ihren leidvollen Erlebnissen erzählen zu können und sie so ein Stück weit auf gemeinsame, mittragende Schultern zu legen. Die betroffenen Menschen würden das Projekt begrüßen. Die Beispiele, die Garrick vortrug, waren Belege für die Untaten in der Zeit von Charles Taylor, den das Kriegsverbrechertribunal in Den Haag am 26. April schuldig gesprochen hat. In einem Dorf wurden zum Beispiel alle Menschen ermordet und ein kleiner Junge als letzter Überlebender dann zum König über dieses Dorf an Leichen ausgerufen. Father John Garrick ist sowohl katholischer Priester, als auch gelernter Jounalist. Seine Impulse waren für die Projektteilnehmer sehr wertvoll. Zu "Black.Light" fanden sich eine Reihe von Künstlern in Erlangen zu einem Workshop zusammen, darunter George Pratt und David von Bassewitz. Als derjenige, der die grausigen Erzählungen aufschrieb, liefert der Portugiese Pedro Mendes die Vorlagen für die Künstler. Der aus Hannover stammende Kriegsfotograf Wolf Böwig steuert seine Fotos bei. Henning Ahlers und Christoph Ermisch nahmen zusammen mit Mendes und Böwig die Sache in die Hand, die jetzt zu diesem Workshop, einem intensiven Gedankenaustausch und einer künstlerischen Auseinandersetzung mit den Themen geführt haben. Zum Schluss wird eine Mischform entstehen, die an "Der Fotograf" von Guibert/Lemercier/Lefèvre erinnern könnte.
(Foto: Father John Garrick)
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Arabische Welt II
Beim heutigen, zweiten Blick auf den arabischen Comic solle es nicht um die Situation der arabischen Verlage gehen, sondern um das Tun der einzelnen Comic-Autoren aus dem Libanon, Algerien und Tunesien, führten Anna Gabai und Paul Derouet in die Veranstaltung ein. Daraufhin stellten diese ihre Arbeit vor. Zeina Abirached gibt in ihren autobiografischen Erzählungen einen Blick auf Beirut in den 80er-Jahren. Lena Merhej, eine Deutsch-Libanesin, die kein Deutsch, aber Französisch spricht, möchte in ihrem Comic vom Leben ihrer Mutter erzählen und dabei ein Libanon ohne und mit Krieg wiedergeben. Der Marokkaner Brahim Raïs nimmt sich hingegen aussterbende Polarbären, die Abholzung des Amazonasregenwaldes und die Austrocknung des Aralsees zum Thema, was nicht wenig überrascht, aber eben doch Probleme sind, die auch die Menschen in Nordafrika angehen. In Tunesien versucht Yassine Ellil eine Kindercomiczeitschrift zum Erfolg zu führen. Er war der erste der nach der Revolution ein Comicalbum herausgab und er ist bis auf den heutigen Tag auch der einzige. Seit 15 Jahren ist der Libanese Barrack Rima Comiczeichner, seine Themen sind der Bürgerkrieg und die Situation der Flüchtlinge, deren Leben im Exil und deren Träume. Er arbeitet zusammen mit anderen an der dreimal jährlich erscheinenden Comic-Publikation "Samandal". Diese Zeitschrift erscheint bewusst in Arabisch, Englisch und Französisch und wird auch online vertrieben. Sie bildet eine Plattform zur Auseinandersetzung mit der Vergangenheit. Eine lebhafte Diskussion entstand durch die Frage eines Zuhörers, ob es in den Ländern der Podiumsteilnehmer noch eine Zensur gebe. Ellil führte aus, dass man sich nach der Revolution zunächst alles erlauben dürfe, auch wenn es gelegentlich "Zwischenfälle" gebe. Er sehe die Zukunft positiv. Die genannten "Zwischenfälle" seien nach Meinung von Merhej und Rima eher das Ergebnis einer Art innerer Zensur durch gesellschaftliche Vorbehalte in den Bereichen Sex, Politik und Religion. Insbesonders religiöse Themen führen gelegentlich zu Anzeigen, die dann vor Gericht enden. Dabei würden laut Rima gerade auch katholische Gruppen zu häufig Anstoß nehmen.
(Foto v.l.n.r.: Barrack Rima, Zeina Abirached)
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Neue Zeitschrift
Eine neue Comiczeitschrift macht sich auf den Weg. "Alfonz - Der Comicreporter" heißt die neue Publikation, für die Volker Hamann und Matthias Hofmann die redaktionelle Verantwortung tragen. Der Titel erinnert entfernt an den Namen des französisch klingenden NDR-Reporters Alfons, der auf der Straße den Leute mit seinen Fragen entlarvend auf den Zahn fühlt. Der damit gezeigte Wille, alles gründlich zu hinterfragen, wird im ersten "Alfonz"-Heft deutlich. Immerhin sechzehn Artikel, in denen es unter anderem um den spanischen Comic-Künstler Vicente Segrelles ("El Mercenario"), um den DC-Relaunch, um den Avengers-Film und den Verkauf von Comic-Originalen geht, hat die Redaktion in dem taufrischen Heft zusammengetragen. Daran schließen Rezensionen, Nachrichten und Tipps an. Die Form, in der sich zwei Rezensenten mit dem Comic "Der Wüstenfalke" auseinandersetzen, verdeutlicht die verschiedenen Sichtweisen, mit der man ein und dasselbe Buch wahrnehmen kann. Das müsste einem zeigen, dass keiner glauben sollte, er hätte die Weisheit mit Löffeln gegessen und könne objektiv über einen Comic urteilen. Zu objektiven Kriterien für die Güte eines Comics erzählte Thierry Groensteen auf dem letzten Salon etwas. Das wäre auch einmal einen gründlichen Artikel wert, bei der es der "critica di gusto" kritisch an den Kragen geht. Der MuMP-Jury könnte es dienen (siehe unten). Dem neuen Magazin, das vierteljährlich erscheinen soll, ist alles Gute zu wünschen.
(Foto v.l.n,r.: Volker Hamann, Matthias Hofmann)
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Max und Moritz-Preise
Hella von Sinnen, die Idealbesetzung für eine Max und Moritz-Preisverleihung, wirkte dann doch etwas enttäuscht, dass ihr "Lieblings-OB", gemeint war Erlangens Oberbürgermeister Siegfried Balleis, nicht anwesend sein konnte, weil er in Amsterdam am Flughafen festhing. Unvergessen war ihre lockere Art, mit der sie der etwas zu langwierigen Amtsperson in die Parade gefahren war. Doch Dieter Rossmeissl vertrat den Bürgermeister würdig und fasste sich so kurz, wie es die Mimik der "dicken Tante" zuließ. Christian Gasser gab den sachlich-seriösen Widerpart zur im Supermankostüm erschienenen Wortgewaltigen, womit ein Moderatorenpaar auf der Bühne stand, das in kurzweiliger Weise durch einen langen Abend an Nominierungen, Laudationes und Kurzgesprächen führte. Um die zahlreichen Nominierungen aufzulockern, wurden die Schüler und Schülerinnen auf die Bühne gerufen, die den "Francomics"-Wettbewerb mitgemacht hatten. Sie gaben selbstbewusst Antwort und erklärten, dass Comic im Französischunterricht gut ankomme, da das eine angenehme Abwechslung zu den üblichen Lehrwerken sei. Die Verleihung des Publikumspreises an Daniela Winkler hatte seine unfreiwillige Komik, weil der dicken Tante nun genau der Manga missfiel ("Schon wieder halbtote Vampire? Nää!"), der sich dann später als Sieger herausstellte. Über Geschmack lässt sich bekanntlich trefflich streiten. Zwischen demjenigen von Hella und demjenigen der Internetabstimmenden scheinen Welten zu liegen.
Die Max und Moritz-Preise 2012 gingen an: "Schöne Töchter" von flix als besten Comic-Strip, an das "Ampel Magazin" als beste studentische Comic-Publikation, an "Das tapfere Prinzlein und die sieben Zwergbären" von Émile Bravo als bestem Comic für Kinder, an "Packeis" von Simon Schwartz als bestem deutschsprachigen Comic, an "Gaza" von Joe Sacco als bestem internationalen Comic und an Isabel Kreitz als bester deutschsprachigen Comic-Künstlerin. Den Publikumspreis überreichte man Daniela Winkler für "Grablicht". Lorenzo Mattotti wurde mit stehenden Ovationen für sein Schaffen als Comic-Künstler geehrt. Ein Spezialpreis der Jury ging an Rossi Schreiber für ihre verlegerische Tätigkeit. Arthur De Pins wurden im Rahmen des Wettbewerbs "Francomics" für "Marsch der Krabben" ausgezeichnet.
(Foto v.l.n.r.: Hella von Sinnen, Rossi Schreiber, Lorenzo Mattotti, Simon Schwartz, Dieter Rossmeissl, Christian Gasser)
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Schlumpf und Schlumpfine werben für französische Comics an ihrem Stand in Halle C.
Mit immerhin 5000 Euro dotiert kann man wirklich von einem Comic-Stipendium sprechen, das Olivia Vieweg für "Antoinette kehrt zurück" seitens Ehapa zugesprochen wurde (Foto v.l.n.r.: Klaus Schikowski, Olivia Vieweg, Sarah Burrini, Alexandra Germann).
Denys Lonshakov kam aus der Ukraine als Comicautor zum Comic-Salon nach Erlangen, um seinen Comic vorzustellen, der sich mit Byzanz zur Zeit des Kirchenschismas beschäftigt. Die Zeichnungen von Alex Nikanorov versprechen ein großes Fantasy-Abenteuer.
Aus Serbien reiste der Comic-Zeichner Brada für comicplus+ an. Nach einem Szenario von Frank Giroud zeichnete er "Der Triumph des heiligen Waldemar".
Helmut Nickel ("Winnetou") und Gerhard Förster ("Sprechblase") sprechen am Stand der Edition 52 miteinander. Helmut Nickel hat sich auf Einladung von comicplus+ aus den USA auf den Weg nach Erlangen gemacht. Bei der Edition 52 erschien 2011 die von Gerhard Schlegel herausgegebene Hommage "Hugh! Winnetou".
Flix überzeugt seine Leser immer wieder. Neben "Schöne Töchter" ist auch das gerade als Hardcover erscheinende "Don Quijote" (Carlsen) aller Ehren wert.
Einige der Preisträger beim Abschlussbild v.l.n.r.: Isabel Kreitz, flix, Rossi Schreiber, Simon Schwartz, Gewinner des Studierenden-Preises und David Basler.
Mattotti gratuliert seinen Mitgewinnern v.l.n.r.: Ralf Keiser, Daniela Winkler, Isabel Kreitz, flix, Lorenzo Mattotti, Rossi Schreiber, Arthur De Pins.
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